Udo Kraft
Das Leben als Shop-Betreiber ist super spannend und bietet große Chancen. Aber auch im stetig wachsenden E-Commerce-Markt ist nicht alles eitel Sonnenschein. Wer unter die E-Händler gehen möchte, braucht für sein Startup nicht nur eine gute Produkt- oder Shopidee, sondern auch einige persönliche Voraussetzungen.
Die Weisheit ist so alt wie wahr: Wer selbstständig arbeitet, kann sich kaum auf einen geregelten Feierabend verlassen. Und einen Online-Shop zu betreiben, ist viel Arbeit. Zwar gibt es durchaus auch die Momente, in denen es sich anfühlt, als würde man im Schlaf Geld verdienen – zum Beispiel, wenn man morgens aufwacht und in der Nacht 10 Bestellungen eingegangen sind. Aber damit fängt die Arbeit ja genau genommen erst an – zumindest, wenn du den Versand selber stemmen willst. Und auch wenn nicht, bleibt für den Rest des Tages noch genug zu tun – Ausruhen kann man sich auf dem erreichten Erfolg nicht lange, wenn es weitergehen soll.
Das liegt unter anderem daran, dass der E-Commerce inzwischen zu einem wahren Haifischbecken geworden ist. Gegen Tausende von kleinen und einige übermächtige große Mitbewerber anzukommen, ist ein Ganztagsjob, für den du immer am Ball bleiben musst. Jede Menge erfolgreiche Nischenshops zeigen, dass das gehen kann – wenn man den richtigen Weg findet.
Eine der größten Herausforderungen besteht darin, dass der Markt immer in Bewegung ist. Deshalb hilft es, wenn du offen für Neues bist, und ein Ohr immer am Markt hast. Das heißt: Informiere dich, lies aktuelle Blogs wie dieses hier und tausch dich mit anderen über gute und schlechte Erfahrungen aus. Wenn du aktuelle Trends und Neuerungen zeitnah mitbekommst, kannst du auch darauf reagieren – und solltest das auch tun.
Damit du das hinbekommst, solltest du in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Soll der aktuellste Hype mitgemacht werden oder nicht? Brauchst du einen Instagram-Account? Welche Gutschein-Aktionen sind sinnvoll für dein Weihnachtsgeschäft? Wie reagierst du auf Reklamationen? Im Geschäft mit Kunden und im Kampf um Marktanteile musst du ständig und immer reagieren – ein klarer Kopf und ein gutes Bauchgefühl für Entscheidungen sind dabei ebenso hilfreich wie jemand, mit dem man sich im Zweifelsfall austauschen und beraten kann.
Einen klaren Kopf gilt es auch bei einem der unangenehmsten Themen des E-Commerce zu behalten: den Abmahnungen. Es gibt inzwischen kaum noch einen Shop, der davon verschont geblieben ist, und du kannst dich noch so sehr bemühen, alles richtig zu machen – die nächste Abmahnwelle kann auch dich treffen, mach dir nichts vor. Dann heißt es: einen klaren Kopf bewahren, sich rechtlichen Beistand suchen und vor allem – nicht persönlich nehmen. Eine dicke Haut ist dein bester Begleiter durch den Rechtsdschungel, in dem es leider nicht immer ganz fair zugeht.
Für solche und andere Fälle schadet es außerdem nicht, wenn du ein kleines Polster hast, auf das du im Fall der Fälle zurückfallen kannst. Sowohl persönlich – ein Gegenüber zum Luft ablassen, Abreagieren und Wiederaufbauen kann nie schaden – als auch finanziell. Wenn deine Einnahmen immer exakt deine Ausgaben decken und nie etwas übrig bleibt, ist das auf Dauer schwierig. Ideal ist es, wenn du von Anfang an einen kleinen Betrag in der Hinterhand hast, auf den du bei unvorhergesehenen Ausgaben zurückgreifen kannst. Wenn der nicht von vorneherein da ist, solltest du auf jeden Fall von Beginn an dafür sorgen, dass ein Teil deiner Gewinne für schlechtere Zeiten oder plötzliche Zusatzkosten zurückgelegt wird, damit es dich bei einer Durststrecke nicht direkt kalt erwischt.
Eine gute Möglichkeit, das finanzielle Risiko zu minimieren, ist die Gründung im Nebenerwerb. Das hat den großen Vorteil, dass du nicht auf direkten Erfolg angewiesen bist, dich erstmal am Markt umsehen, langsam etablieren und den E-Commerce insgesamt mit etwas mehr Gelassenheit betreiben kannst.
Vor allem, wenn du den Online-Shop „nur“ nebenbei betreibst, musst du ein grundsätzliches Problem direkt zu Beginn lösen: das der Erreichbarkeit. Deine Kunden erwarten immer mehr, dass sie dich, wenn schon nicht rund um die Uhr, so jedoch zu üblichen Geschäftszeiten schnell und unkompliziert erreichen. Wenn an deiner Servicehotline immer nur der Anrufbeantworter drangeht, ist das für Kunden mit dringenden Fragen ziemlich frustrierend. Und auch E-Mails sollten möglichst innerhalb weniger Stunden, wenn nicht umgehend, beantwortet werden. Mach dir also frühzeitig Gedanken, wie du das lösen kannst, wenn du parallel noch von 8 bis 17 Uhr einem anderen Job nachgehst. Zum Beispiel, indem du ein externes Callcenter beauftragst.
Wer kein hohes Startkapital investieren kann, betreibt seinen Online-Shop häufig von zu Hause aus. Das ist auch erstmal überhaupt kein Problem, solange du dabei ein paar Dinge beachtest. Hast du genügend, gut zugänglichen Lagerraum für deine Waren? Und Platz für eine vernünftige Packstation? Wenn du Waren und womöglich auch Verpackungsmaterial täglich aus der hintersten Ecke des Kellers holen musst, geht für diesen Schritt des Verkaufsprozesses mehr Zeit drauf als angemessen.
Nächster Schritt: Wie kommen die fertigen Pakete auf den Weg? Bringst du sie selbst zur nächsten Post oder zum nächsten Paketshop? Oder vereinbarst du eine tägliche bzw. regelmäßige Abholung? Wenn ja: Machen da die Nachbarn mit? Wenn jeden Tag 20 Pakete aus dem 5. Stock durchs Treppenhaus getragen werden, ist das weder für den Paketboten noch für die Nachbarn ein Grund zur Freude.
Deutlich problemloser lässt sich ein Shop von zu Hause aus betreiben, wenn du den Versandprozess an einen externen Fulfillment-Dienstleister auslagerst und hauptsächlich Bürotätigkeiten übrig bleiben. Aber auch da gibt es Dinge zu berücksichtigen. Beispielsweise: Wie verhinderst du es, dass der Nachwuchs im Hintergrund einen gut hörbaren Wutanfall bekommt, während du gerade einen Kunden am Telefon hast? Hier sind möglichst gut abgetrennte Räumlichkeiten, bei größeren Kindern klare Regeln – oder auch wieder das Callcenter gefragt.
So motiviert du auch bist und so fit du dich auch fühlst: Irgendwann bist auch du mal krank. Und sogar Selbstständige brauchen mal Urlaub. Ganz besonders als Einzelkämpfer solltest du für solche Momente, in denen du selber nicht zur Verfügung stehst, einen Backup-Plan haben – und zwar sowohl für geplante als auch für nicht geplante Abwesenheiten. Weise also möglichst früh jemanden in die Arbeitsabläufe deines Shops ein, damit du im Fall der Fälle auch mal von hier auf jetzt die Zügel aus der Hand geben kannst.
Und wer weiß – vielleicht läuft der Laden ja bald so gut, dass du dir Angestellte leisten kannst? Das dann selbstverständliche Delegieren und Abgeben von Verantwortung kann man gar nicht früh genug üben. Denn schließlich kann es kaum einen besseren Erfolgsbeweis geben, als wenn du irgendwann vom Gründer zum Arbeitgeber wirst. Viel Erfolg dabei!
Eigener Online-Shop: Der ultimative Einsteiger-Guide – Teil 1: Alles, was recht ist
Eigener Online-Shop: Der ultimative Einsteiger-Guide – Teil 2: Vom Produkt zum Checkout
Eigener Online-Shop: Der ultimative Einsteiger-Guide – Teil 3: E-Commerce-Start in der Praxis
Eigener Online-Shop: Der ultimative Einsteiger-Guide – Teil 4: Herausforderungen für den Händler
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Original-Artikel vom 21.12.2015
Aktualisiert am 18.04.2023