Udo Kraft

Was tun bei Preispannen im Onlineshop?

Ein Horrorszenario, von dem Online-Händler hoffen, dass es sie nie ereilen wird: Im Webshop werden auf Grund eines Eingabe- oder Systemfehlers falsche und zwar viel zu niedrige Preise ausgewiesen –sogenannte Preisspannen. Nicht in jedem Fall ist der Verkäufer dann jedoch auch zur Lieferung

Was tun bei Preispannen im Onlineshop?

Check-Liste: Was können betroffene Shop-Betreiber bei Preispannen tun?

Schnell reagieren!Fehler beim Betrieb eines Webshops können immer wieder auftreten. Kommt es zur Anzeige falscher Preise, sollte der Händler vor allem schnell reagieren.

Fehler ermitteln!

Der Fehler sollte unverzüglich ermittelt und beseitigt und der Shop auf weitere Pannen hin überprüft werden. Zudem sollte untersucht werden, wie es zur fehlerhaften Anzeige kommen konnte. Liegt also ein technischer Systemfehler vor oder hat der zuständige Mitarbeiter Daten falsch eingegeben?

Check, ob bereits Verträge zustande gekommen sind!

Sodann muss geprüft werden, ob bereits Bestellungen der entsprechenden Artikel zum falschen Preis erfolgt sind. Ist das der Fall, ist zu klären, ob diesbezüglich auch eine Vertragsannahme erklärt wurde, etwa durch automatisch versandte E-Mails. Versendet das Shopsystem lediglich „Bestelleingangsbestätigungen“ oder bereits Annahmeerklärungen?

Unverzügliche Anfechtung bereits geschlossener Verträge.

Ist der Vertrag wirksam zustande gekommen, muss unverzüglich die Anfechtung erklärt werden. Zwar muss eine entsprechende E-Mail nicht das Wort „Anfechtung“ enthalten, es muss aber deutlich werden, dass der Händler nicht länger am Vertrag festhalten möchte und warum.

Dabei sollte bereits konkret gesagt werden, dass und wie es zu dem Anzeigefehler kam. Ob der verantwortliche Fehler dann als zulässiger Anfechtungsgrund eingestuft wird, hängt vom Einzelfall ab.

Ist Anfechtung voraussichtlich nicht möglich, Beweissicherung!

Liegt kein Anfechtungsgrund vor, ist der betroffene Shop-Betreiber dennoch nicht unbedingt zur Lieferung verpflichtet. Kann er nachweisen, dass der Käufer den Fehler bei der Preisangabe erkannt hat und ist dem Händler die Durchführung des Vertrages schlechthin unzumutbar, kann sich der Kunde wegen der Grundsätze von Treu und Glauben nicht auf seinen Lieferanspruch berufen.

Was tun bei fehlerhaften Preisangaben?

Fehler bei der Preisauszeichnung können schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen, vor allem dann, wenn der Händler zur Lieferung zu dem falsch ausgewiesenen – zu niedrigen - Preis verpflichtet ist. Aber auch, wenn er um die Lieferung herum kommt, können unzufriedene Kunden schnell zur Konkurrenz wechseln und so Gewinneinbußen verursachen, die die Verkäufer im schlimmsten Fall zur Geschäftsaufgabe zwingen. Das trifft nicht nur die kleinen und mittelständischen Unternehmen hart, sondern auch große Firmen. Tritt eine derartige Datenpanne auf, muss der betroffene Unternehmer vor allem eins, schnell reagieren.

Vermeintliches Recht der Käufer

Viele Online-Shopper sind der Meinung, dass durch das Anklicken des „Kaufen-Buttons“ der Händler zur Lieferung der Ware zum angegebenen Preis verpflichtet wird. Diese landläufige Meinung führt dazu, dass die Kunden auf ihr vermeintliches Recht (auf Warenlieferung) pochten und mit rechtlichen Schritten drohten, falls sich das Unternehmen weigern sollte. Tatsächlich führt die Betätigung des Buttons aber nur in den wenigsten Fällen zum Vertragsschluss.

Vertragsschluss im Internet

Wie auch im stationären Handel sind für einen wirksamen Vertrag zwei sog. Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme, erforderlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte diesbezüglich für den Online-Handel entschieden, dass die Darstellung der Artikel auf der Shop-Seite des Händlers noch kein rechtlich bindendes Angebot darstellt, sondern dieses erst durch den Interessenten mit Absendung der Bestellung erfolgt. Der Klick auf den „Kaufen“-Button stellt folglich die erste der zwei notwendigen Willenserklärungen dar. Damit es zum Vertragsschluss kommt, muss der Händler dieses Angebot durch die zweite Willenserklärung annehmen. Tut er das nicht, ist er nicht zur Lieferung der bestellten Artikel verpflichtet.

Annahme des Kaufangebots durch den Händler

Die Annahme des Kaufangebots kann der Verkäufer mittels ausdrücklicher Erklärung gegenüber dem Kunden vornehmen, etwa durch Zusendung einer entsprechenden E-Mail, oder indem er die Ware versendet. Im letztgenannten Fall erfolgt die rechtlich verbindliche Erklärung durch schlüssiges Verhalten, also „konkludent“. Auf der anderen Seite stellt nicht jede E-Mail, die der Händler nach Eingang der Bestellung an den Kunden verschickt, zwingend eine Annahmeerklärung dar.

Bestelleingangsbestätigung vs. Annahmeerklärung

Unternehmer sind gesetzlich verpflichtet, im elektronischen Geschäftsverkehr (also etwa beim Betrieb eines Onlineshops) eine Bestätigung an den Verbraucher zu versenden, dass seine Bestellung eingegangen ist. Zweck dieser Zugangsbestätigung ist es, Mehrfachbestellungen zu vermeiden. Die Zugangsbestätigung ist aber nicht zwangsläufig auch gleich eine Vertragsannahmeerklärung. Will der Händler zunächst lediglich seiner gesetzlichen Informationspflicht nachkommen, um die Bestellung auf Durchführbarkeit (etwa die Lieferbarkeit der angeforderten Artikel) zu prüfen, kann er dem Kunden die Zugangsbestätigung ohne weitere Erklärungen zukommen lassen. Im Anschluss versendet er dann eine weitere E-Mail, mit der er das Angebot annimmt oder ablehnt. Der Einfachheit halber kann beides aber auch mit nur einer Mitteilung erfolgen.

Vorsicht bei der Formulierung der unverbindlichen Zugangsbestätigung

Shop-Betreiber, die erst „unverbindlich“ den Eingang der Bestellung bestätigen wollen, müssen bei der Formulierung der (automatisch versandten) E-Mail besonders sorgfältig sein. Wird in der „Zugangsbestätigung“ beispielsweise die Bankverbindung für die spätere Kaufpreiszahlung mitgeteilt, gehen Gerichte davon aus, dass sich der Händler durch eine derartige Erklärung bereits vertraglich binden will und stufen sie als Vertragsannahme ein. Selbst dann, wenn das vom Verkäufer nicht gewollt war. Bei der Entscheidung, ob es sich um eine Zugangsbestätigung oder eine Annahmeerklärung handelt, ist allein der objektive Sinn der Erklärung maßgeblich, nicht die damit verbundene Absicht des Erklärenden. Bei der Wortwahl ist deshalb Vorsicht geboten.

Vertragsschluss auch bei automatisch versendeter Annahmeerklärung

Wird die Annahmeerklärung automatisch nach Eingang der Bestellung per E-Mail versendet, ohne dass der Händler sie vorher inhaltlich auf ihre Durchführbarkeit und Richtigkeit überprüft hat, besteht die Gefahr, dass Preisfehler nicht erkannt werden und sich der Unternehmer rechtlich bindet, obwohl er gar nicht liefern kann oder will. Denn auch eine ungeprüfte Annahmeerklärung führt zum Vertragsschluss. Der Händler kann sich nicht darauf berufen, dass er sie vorher nicht kontrolliert hat.

Vertragsschluss bei Verkäufen über eBay

Bei Angeboten auf eBay hingegen gibt der Verkäufer sowohl in der Auktionsvariante als auch beim Einstellen als „Sofortkauf“ ein rechtlich bindendes Angebot ab, das der Käufer seinerseits annimmt. Der Vertrag kommt in diesem Fall also durch die Erklärung des Kunden zustande. Entweder weil dieser das höchste Gebot abgibt oder den „Sofort kaufen“-Button angeklickt.

Keine Pflicht zur Lieferung trotz Vertragsschluss

Wurde ein Vertrag wirksam geschlossen, kann sich der Verkäufer nur unter besonderen Umständen von seiner vertraglichen Lieferpflicht lösen. In Betracht kommt zum einen die Unwirksamkeit des Kaufvertrages wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben, weil der Kunde den Preisfehler erkannt und missbräuchlich für sich ausgenutzt hat. Diese Konstellation dürfte aber nur in den seltensten Fällen vorliegen. Wahrscheinlicher ist die zweite Möglichkeit, den Vertrag durch Anfechtung rückwirkend zu vernichten.

Voraussetzungen einer Vertragsanfechtung

Für eine wirksame Anfechtung müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein.

1) Anfechtungsgrund

Zunächst muss ein Anfechtungsgrund vorliegen. In einer weiteren Entscheidung hatte der BGH klargestellt, dass bei einer irrtümlich falschen Kaufpreiskennzeichnung im Onlineshop, die auf einen Übermittlungsfehler zurückzuführen ist, ein bereits zustande gekommener Vertrag wegen Irrtums angefochten werden kann (Urteil vom 26.1.2005, AZ: VIII ZR 79/04). Im zugrundeliegenden Fall hatte der Händler den korrekten Preis bei der Angebotserstellung in das System eingegeben, angezeigt wurde aber sowohl im Webshop als auch in der automatisch generierten und versendeten Annahmeerklärung ein deutlich niedrigerer Betrag. Warum es zu dem Fehler kam, blieb ungeklärt.

2) Anfechtungserklärung

Die Anfechtung muss „unverzüglich“ erklärt werden, also sobald der Shop-Betreiber den Fehler bemerkt hat. Aus dieser Anfechtungserklärung muss hervorgehen, dass er den Kaufvertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen will. Das Wort „Anfechtung“ muss nicht verwendet werden. Anzugeben ist aber der Grund, aus dem der Vertrag angefochten wird (z.B. weil aufgrund eines Systemfehlers der Warenpreis falsch ausgewiesen wurde). Die Anfechtungserklärung muss keine bestimmte Form haben und kann daher beispielsweise per E-Mail erfolgen.

Wirkung der Anfechtung

Liegen die Voraussetzungen vor, wird der Vertrag rückwirkend „vernichtet“. Es wird also so getan, als hätte er von Anfang an nicht existiert. Als Ausgleich wird dem Käufer, der auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, ein Schadenersatzanspruch gewährt. Der Händler ist selbst dann zum Schadenersatz verpflichtet, wenn ihn kein Verschulden an der Falschauszeichnung trifft, etwa weil diese auf einen unerkannten Systemfehler zurückzuführen ist. Er muss dem Kunden die für den Vertragsschluss aufgewendeten Kosten oder die im Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erbrachten Leistungen, sowie die Nachteile ersetzen, die der Käufer dadurch erleidet, dass wegen der Anfechtung ein anderes Geschäft (etwa ein Weiterverkauf) nicht zustande kommt.

Der Schadenersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn der Käufer den Anfechtungsgrund kannte.

„Offensichtliche“ Preispannen?

Fraglich ist, ob der Käufer schon wegen eines teilweise enormen Missverhältnisses zwischen dem angezeigten Kaufpreis und dem eigentlichen Warenwert von einer Falschauszeichnung ausgehen muss. Die Frage könnte mit dem Argument verneint werden, dass es immer wieder Marketingaktionen mit drastischen Rabatten gibt oder der günstige Preis z.B. für Smartphones über entsprechende Nutzungsverträge ausgeglichen wird. Darüber hinaus muss die Differenz zwischen Preis und Wert nicht zwangsläufig derart groß sein, dass gleich ein Fehler vermutet werden muss. Wo aber liegt die Grenze? Dass der Käufer den Anfechtungsgrund kannte oder hätte kennen müssen, muss im Zweifel der Händler beweisen. Das dürfte vielfach allerdings nur schwer möglich sein.

Zusammenfassung

Kommt es im Webshop zu einer Preispanne, muss der Händler unverzüglich tätig werden. Zuerst muss geprüft werden, ob mit dem „Käufer“ tatsächlich bereits ein Vertrag geschlossen wurde. Ist das nicht der Fall, ist der Verkäufer nicht zur Lieferung verpflichtet. Aus Servicegesichtspunkten sollten die betroffenen Kunden aber zumindest angeschrieben und über das Versehen informiert werden. Ob und welche Strategien zur „Wiedergutmachung“ verfolgt werden, um die Kunden nicht zu verärgern, muss jeder Shop-Betreiber selbst entscheiden.

Liegt ein wirksamer Vertrag bereits vor, etwa, weil der Warenverkauf über eBay erfolgte oder eine (automatische) Annahmeerklärung versendet wurde, bleibt dem Verkäufer nur die Anfechtung. In diesem Fall muss geprüft werden, warum ein falscher Preis angezeigt wurde, ob also ein Anfechtungsgrund vorliegt. Darüber hinaus muss die Anfechtung dem Kunden gegenüber sofort erklärt werden, z.B. durch Zusendung einer entsprechenden E-Mail. Die Erklärung muss klar erkennen lassen, dass und warum der Händler nicht am Vertrag festhalten will.

Vollständig auszuschließen sind derartige Preispannen wohl nicht. Sollte es tatsächlich einmal zu einer solchen kommen, ist eine schnelle und kundenfreundliche Reaktion des betroffenen Unternehmers entscheidend, um nachhaltigen Schaden für den Webshop zu verhindern.


Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Partner Protected Shops.

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