Udo Kraft
Verbraucher können online geschlossene Verträge widerrufen – sehr zum Ärger vieler Shop-Betreiber. Dass sie dieses Recht auch für Preisverhandlungen einsetzen dürfen, hat nun der BGH entschieden
Ein Verbraucher war im Internet auf der Suche nach neuen Matratzen. Bei einem Unternehmer, der seine Waren mit einer „Tiefpreisgarantie“ bewarb, wurde er fündig, bestellte und bezahlte. Nach Lieferung stellte er jedoch fest, dass ein Wettbewerber die gleichen Matratzen zu einem niedrigeren Preis anbot und wollte die Differenz von seinem Vertragspartner erstattet haben. Schließlich hatte dieser Tiefpreise garantiert. Als der Unternehmer die Rückzahlung verweigerte, widerrief der Verbraucher den Kauf.
Sehr zum Ärger des Händlers. Dieser war der Ansicht, dass er nicht zur Rückzahlung des bereits beglichenen Kaufpreises verpflichtet ist, da der Widerruf unwirksam sei. Der Käufer habe ihn missbräuchlich ausgeübt, um einen Preisnachlass durchzusetzen. Dafür sei das Recht zum Widerruf jedoch nicht gedacht. Es soll vielmehr den Nachteil im Vergleich zum stationären Handel ausgleichen, dass der Kunde vor Vertragsschluss keine Möglichkeit hat, die Ware auf Eigenschaften, Funktionsweise und Beschaffenheit hin zu überprüfen. Der Käufer hatte an den Matratzen selbst aber nichts auszusetzen.
Durch alle Instanzen hindurch gaben die Richter dem klagenden Verbraucher Recht und verurteilten den Online-Händler zur Rückzahlung (zuletzt der BGH mit Urteil vom 16.03.2016 - VIII ZR 146/15). Zwar gab es Gründe, die den Gesetzgeber zur Einführung eines Widerrufsrechts im Fernabsatz veranlasst haben, davon unabhängig sind jedoch die Beweggründe des Verbrauchers, dieses Recht auszuüben. Erforderlich ist dafür lediglich, dass er eine ausdrückliche Erklärung innerhalb der geltenden Frist abgibt. Sind diese Vorgaben erfüllt, ist es unerheblich, aus welchen Gründen der Verbraucher den Widerruf erklärt.
Die Karlsruher Richter stellten jedoch fest, dass ein Widerruf durchaus rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein kann. Allerdings nur dann, wenn der Verbraucher dem Unternehmer gegenüber arglistig handelt, er diesen also schikaniert oder schädigt. Ein solches Verhalten liegt allerdings noch nicht allein deshalb vor, weil der Käufer eine gegebene Wettbewerbssituation für sich ausnutzt, wie es hier der Fall war.
Im Endeffekt hat das Urteil des BGH zur Folge, dass Verbrauchern ein Druckmittel gegenüber Online-Händlern an die Hand gegeben wird, das es ihnen ermöglicht, für sie günstige Vertragsbedingungen auszuhandeln. Welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Praxis haben wird, bleibt abzuwarten.
Shop-Betreiber könnten die Gefahr, dass ihre Kunden auf gleiche Art und Weise verfahren, möglicherweise dadurch senken, dass sie dem Käufer die Rücksendekosten auferlegen. Sie riskieren damit jedoch, gegenüber der Konkurrenz unattraktiv zu werden.
Das könnte dich auch interessieren:
Abmahnung zur Bildnutzung erhalten? Dies ist zu tun! Abmahngefahr Urheberrecht – auch bei selbsterstellten Produktbildern! |