Den wenigsten Verbrauchern dürfte bekannt sein, dass rechtliche Vorgaben sehr präzise vorschreiben, wie Textilien zu kennzeichnen sind. Wer hingegen auf der anderen Seite als Onlinehändler ist und mit Textilprodukten handelt, ist gut beraten, sich eingehend mit der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung zu befassen. Tut das ein Händler nicht und missachtet die Kennzeichnungspflichten dann liegt ein Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb vor.
Ein Bekleidungshersteller nahm an der Art und Weise der Textilkennzeichnung eines Mitbewerbers Anstoß. Es gab im Wesentlichen drei Kritikpunkte: Bei einigen der über den Online-Shop des Lebensmittel-Discounters bestellbaren Kleidungsstücken fand sich in der Artikelbeschreibung keinerlei Hinweis auf die verwendeten Textilfasern. Bei anderen Kleidungsstücken war ein entsprechender Hinweis zwar vorhanden, enthielt aber die Bezeichnungen „Acryl“ und „Acrylic“ anstelle des für diese Faser vorgeschriebenen Begriffs „Polyacryl“. Schließlich waren einige Produkte, die aus Baumwolle bestanden, auf ihren Verpackungen mit „Cotton“ bezeichnet, nicht aber mit dem naheliegenderen deutschen Wort „Baumwolle“.
Das Landgericht (LG) München teilte die Kritik des Bekleidungsherstellers und verurteilte den Discounter, seine zuvor beschriebene Kennzeichnungspraxis zu unterlassen. Etwas differenzierter sah dies das Oberlandesgericht (OLG) München, das über die Berufung des Discounters zu entscheiden hatte.
Auch nach Auffassung des OLG München stellt eine komplett fehlende Textilkennzeichnung einen Verstoß gegen die TextilKennzVO und zugleich einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Bei den Bezeichnungen „Acryl“ und „Acrylic“ schloss sich das OLG München ebenfalls der Auffassung des LG und betonte, dass die TextilKennzVO präzise vorschreibt, welche Begriffe zur Kennzeichnung von Textilprodukten verwendet werden dürfen.
Auch könnten Verbraucher der Fehlannahme unterliegen, ein Produkt aus „Acryl“- oder „Acrylic“-Faser sei hochwertiger als ein Produkt aus „Polyacryl“-Fasern. Keinen Rechtsverstoß erkannte das OLG aber in der Verwendung der Bezeichnung „Cotton“ anstelle von „Baumwolle“. So sei es zwar sind die Kennzeichnungspflichten eindeutig und es ist grundsätzlich erforderlich, die Produkte in der Sprache des Landes zu kennzeichnen, in der sie auf den Markt gebracht werden. Der durchschnittliche deutsche Verbraucher würde allerdings auch die englische Bezeichnung „Cotton“ verstehen. Insofern läge zwar ein formaler Verstoß vor, dieser Verstoß beeinträchtige die Verbraucherinteressen aber nicht spürbar und löse deshalb keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus.
Die Kennzeichnungspflichten treffen zwar in erster Linie den Hersteller der Produkte, doch sind auch deren Händler verpflichtet, eine entsprechende Etikettierung oder Kennzeichnung sicherzustellen.
Quelle:
Internetworld.de