Dr. Katja Flinzner
Ihr wollt mit eurem Shop auch über die Landesgrenzen hinaus verkaufen? Dann ist Wissen über eure Zielmärkte angesagt. Letzte Woche haben wir euch die wichtigsten Zahlen und Fakten zu den europäischen Vorreiter-Märkten zusammengefasst. Es geht in unserem Überblick um die Märkte in Europa, die trotz
Die langsamste Entwicklung hat der E-Commerce bislang in Süd- und Osteuropa hingelegt. Dort kommen alle Länder zusammen noch lange nicht an den Online-Umsatz von Vorreiter Großbritannien heran. Unschlagbar sind die dortigen Märkte jedoch in Sachen Wachstum, denn wo noch viel Nachholbedarf ist, versteckt sich auch noch so einiges an Potenzial.
Als Spitzenreiter im südeuropäischen Markt bringt es Spanien aktuell auf einen jährlichen E-Commerce-Umsatz von knapp 17 Milliarden Euro. Mit einer Internet-Versorgungsrate von 76 % kommt der spanische Markt einer Studie der Cross-Border Ecommerce Community CBEC zufolge auf 16,4 Millionen Online-Shopper.
Wenn ihr in Spanien verkaufen wollt, sollte die Mobile Friendliness ganz oben auf Eurer To-Do-Liste stehen. Die Nutzung internetfähiger mobiler Geräte ist in Spanien sehr weit verbreitet: Satte 83 % aller Spanier verfügen über ein Smartphone, immerhin 31,1 % (außerdem) über ein Tablet. In Sachen Tablet hat Spanien damit inzwischen Deutschland überholt und liegt hinter UK und Frankreich auf Rang 3 in Europa. So gesehen nicht verwunderlich, dass der Umsatz im mobil erwirtschafteten E-Commerce 2014 locker die im Jahr zuvor noch knapp verpasste 1 Milliarden-Euro-Grenze schaffte und bei 1,3 Milliarden Euro landete.
Kredit- und Debitkarten sind in Spanien noch immer die beliebtesten Zahlungsarten beim Online-Einkauf: Etwa 44 % aller Zahlungen, so eine Studie von Acapture, werden darüber abgewickelt. Doch PayPal holt auf – lag der Online-Payment-Provider im Vorjahr noch bei gerade mal 18 %, wurde 2014 fast jede dritte Bestellung im spanischen E-Commerce über PayPal bezahlt (32 %).
Nach wie vor an der Spitze der Käufergunst liegen die Branchen Kleidung/Schuhe und Lebensmittel mit jeweils zwischen 1,2 und 1,3 Mrd. Euro Jahresumsatz. Abgeschlagen auf Rang 3 folgt mit gut 800 Millionen Euro Umsatz der Sektor Medien, gefolgt von Unterhaltungselektronik und Beauty-Produkten.
Der Anteil der grenzüberschreitenden Online-Transaktionen ist in Spanien recht hoch, interessanterweise sind allen Sprachgemeinsamkeiten zum Trotz die lateinamerikanischen Länder nicht unter den Top-3-Handelspartnern im E-Commerce – die Spanier kaufen lieber bei Händlern in Großbritannien, China und – Achtung, gut hinhören – Deutschland.
Bleiben wir vorerst im Süden. In Italien haben etwa 32,5 Millionen Menschen einen Internet-Zugang – das sind gerade mal 62 %. Damit bewegt Italien sich eher auf dem Niveau der durchschnittlich schlechter vernetzten osteuropäischen Länder – in Südeuropa hat nur noch die Türkei eine schlechtere Quote. In Sachen Umsatz hat Italien allerdings wieder die Nase vorn und belegt mit online getätigten Verkäufen im Wert von etwas mehr als 13 Mrd. EUR nach Spanien den zweiten Rang in Südeuropa.
Angesichts der mäßigen Internet-Verbreitung ist es kein Wunder, dass der Mobile Commerce in Italien immer interessanter wird. Acapture zufolge verfügen knapp 51 % der Italiener über ein Smartphone, immerhin 25,3 % über ein Tablet. Und damit erwirtschaften sie immerhin knapp 18 % des gesamten E-Commerce-Umsatzes.
Wenn es ums Bezahlen geht, kommt man in Italien auch heute an einer Lokalisierung nicht vorbei: 70 % aller Zahlungen laufen über Kredit-/Debitkarte und ohne die CartaSì geht hier gar nichts. PayPal sichert sich aber eine sehr stabile Nr. 2 mit 24 %.
Und was kaufen die Italiener am liebsten im Netz? Vor allem Medienprodukte wie Filme und Musik, gefolgt von Consumer Electronics. Der in vielen anderen Ländern den Spitzenplatz besetzende Sektor Kleidung und Schuhe rangiert in Italien auf einem soliden Rang 3.
Wechseln wir vom Süden in den Osten, kommen wir dem Wachstum immer näher. Russland war 2013 der am stärksten wachsende E-Commerce-Markt Europas: Um satte 50,5 % konnte er Ecommerce Europe zufolge zulegen. Und das, obwohl die Internetverbreitung noch immer zu den niedrigsten in ganz Europa ist: Je nachdem, welche Statistik man fragt, hatten zwischen 59,2 % und 65 % der Russen hatten 2014 einen Internetzugang. Nur noch Griechenland, Rumänien, die Türkei und Schlusslicht Ukraine (37,9 %) sind in dieser Hinsicht schlechter aufgestellt.
Die Mobile Nutzung wächst dagegen rasant: Über Smartphones bzw. Tablets verfügen inzwischen 47 % bzw. 44 % der Russen. Bedenkt man, dass die Raten hierfür im Vorjahr noch bei 14 bzw. 29 % lagen, ist das Wachstum nicht zu übersehen. Der mobil erwirtschaftete E-Commerce-Umsatz lag 2014 bei 3,4 Milliarden Euro, das ist mehr als das Vierfache des Vorjahresbetrags.
Beim Thema Payment scheint Russland sich Acapture zufolge im Turbotempo europäischen Zahlungsweisen anzunähern: Gaben 2013 noch 69 % der Befragten an, ihre Bestellungen bar zum Beispiel in der Abholstation zu bezahlen, liegen diesmal Bankkarten mit 33 % vorne. Dieser rasante Wechsel macht ein wenig misstrauisch und schreit nach einem genaueren Blick in die Statistiken. Da der russische Payment-Markt ohnehin sehr komplex ist, sollte man sich vor einem Einstieg in den Markt ohnehin noch etwas genauer über den aktuellen Stand informieren. Vor allem lokale Player wie Yandex bringen dort viel Bewegung in die Payment-Landschaft.
Besonders gerne kaufen die russischen Online-Shopper Kleidung und Schuhe sowie Consumer Electronics im Netz, auch Lebensmittel werden immer häufiger online bestellt.
Und wie sieht es bei unseren direkten Nachbarn aus? Polen gehört ebenfalls zu den am schnellsten wachsenden E-Commerce-Märkten Europas: bei knappen 22 % lag das Wachstum im Jahr 2014. Derzeit liegt der Anteil der Online-Shopper an der Gesamtbevölkerung bei ca. 33 %. Insgesamt kaufen 10,6 Millionen Polen online ein.
Im Jahr 2014 verfügten laut Acapture 66 % der polnischen Bevölkerung über ein Smartphone, ca. 26 % über ein Tablet. Im Mobile Commerce wurden im selben Jahr rund 242 Millionen Euro umgesetzt. Nach Deutschland hat Polen in Europa derzeit die höchsten M-Commerce-Wachstumsraten zu verzeichnen.
Auch in Polen ist viel Bewegung in der Payment-Landschaft. Nachnahme ist mit 29 % noch immer sehr beliebt, wurde aber laut Acapture inzwischen von der Banküberweisung (34 %) überholt. Lediglich 9 % aller Transaktionen laufen über Kreditkartenzahlung.
Mit Abstand am meisten Online-Umsatz machte die Branche der Consumer Electronics, gefolgt von Kleidung und Schuhen sowie Medien.
Jede Menge Potenzial also alleine in Europa, das sich mit der entsprechenden Vorbereitung sicherlich anzugehen lohnt. Über besonders herausfordernde Märkte oder besondere Wachstumstreiber außerhalb Europas erzählen wir euch gerne später mehr, denn die Chancen des Cross-Border- E-Commerce machen an den Grenzen Europas ja keineswegs halt.
Ihr habt Blut geleckt und braucht mehr Infos? Noch mehr Zahlen und Fakten findet ihr zum Beispiel bei Ecommerce Europe, Acapture und Retailmenot.
(Dieser Artikel wurde ursprünglich am 24. November 2014 publiziert. Dies ist eine aktualisierte Version aus dem Juni 2016.)