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Logistik im E-Commerce: Die Gladiatoren rüsten sich

"Ludi incipiant" - "Mögen die Spiele beginnen", so hieß es im alten Rom, bevor Gladiatoren in den Arenen des Imperiums dem Publikum höchst blutige Schauspiele lieferten. Nicht ganz so martialisch aber nicht weniger dramatisch kündigt sich ein gnadenloser Wettkampf der führenden Akteure in der

Logistik im E-Commerce: Die Gladiatoren rüsten sich

Der Gladiator Amazon rüstet in der Logistik auf

Amazon, eigentlich als Händler geboren und groß geworden, beginnt, im großen Stil eigene Logistikstrukturen auch in Deutschland aufzubauen. Dafür gibt es zahlreiche Fakten und Indizien. So plant der US-Riese das Leasing von zwanzig Boeing 767-Maschinen. Das tut er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, um die Qualität der Betriebsausflüge für die Belegschaft zu verbessern.

Paketverteilzentrum und Packstationen von Amazon

Schon seit geraumer Zeit betreibt Amazon ein eigenes Paketverteilzentrum in Olching bei München als Pilotprojekt. Schon die Bezeichnung Pilotprojekt legt den Schluss mehr als nahe, dass es bei diesem einen Verteilzentrum nicht bleiben wird. Und Europa-Logistikchef Roy Perticucci machte jüngst in einem Handelsblatt-Interview aus den ambitionierten Plänen, ein eigenes Logistik-Angebot aufzubauen, auch gar keinen Hehl.

Dazu passt auch, dass der globale Platzhirsch im E-Commerce auch ein eigenes System von vollautomatischen Packstationen, zunächst dem Vernehmen nach in Deutschland und Frankreich, aufbauen will. Personal hierfür wird bereits über Stellenanzeigen gesucht.

Und was tun die Logistik-Gladiatoren in Deutschland?

Zu dieser Frage wurde hier schon viel Erhellendes geschrieben. Allerdings ist von den Paketzustellern in Deutschland, allen voran von DHL, seit Ruchbarwerden der Ambitionen von Amazon in der Logistik eher nur Pfeifen im Walde zu hören. Man beruhigt sich damit, dass Amazon bestimmt nicht plane, flächendeckende Logistikstrukturen aufzubauen. Außerdem ginge das ja auch gar nicht von heute auf morgen. Die Fakten und Indizien sprechen eine deutlich andere Sprache. Klar geht das nicht von heute auf morgen. Aber es kann schneller gehen, als DHL, Hermes, DPD, UPS und Co. sich vorgaukeln möchten. In Großbritannien führte ein Angriff Amazons 2014 dazu, dass das dortige Pendant zu DHL, der Pakettransporteur Royal Mail, seine Wachstumsprognose halbieren musste.

Kleinkarierte Balgerei bei Paketkästen

Nicht besonders klug mutet es an, dass zum Beispiel bei den Paketkästen eine kleinkarierte Balgerei untereinander statt eines gemeinsamen Vorgehens gegen die mächtige Bedrohung aus den USA stattfindet. So montiert die posteigene DHL Paketkästen und Wettbewerber wie DPD, Hermes, GLS und andere präsentieren wacker ihr Gegenmodell. Ob das wirklich schlau ist? Ich glaube das nicht. Erste Tendenzen, zu einem vernünftigen Miteinander zu kommen, deuten sich jetzt ja an.

Wohin kann die Entwicklung in der Logistik gehen?

Eines scheint klar: Mit dem deutlich erkennbaren verstärkten Engagements von Amazon wird sich der Markt in der E-Commerce-Logistik verändern. Doch wie wird das Kräfteverhältnis zwischen den Gladiatoren in der Arena der Paketzustellungen aus dem Online-Handel künftig aussehen? Ein kurzer Blick auf zwei mögliche Szenarien:

Szenario I: Amazon obsiegt

Ich halte die bislang öffentlich hör- und lesbaren (Selbst-) Beschwichtigungsversuche der Wettbewerber von Amazon im Logistikbereich für gefährlich. Das Szenario, dass der US-Gladiator mittelfristig seine Mitkämpfer in der Logistik-Arena zu Komparsen degradiert, ist nicht so unwahrscheinlich, wie zum Beispiel Post-Chef Frank Appelt glauben machen möchte. Die Menge, die DHL an die Poststellen von Mail Professionals liefert, ist um mindestens 25 Prozent zurückgegangen, seit Amazon seinen Lieferdienst in München testet. Das sind keine Peanuts.

Ein denkbares Quasi-Monopol, in denen Amazon die wirtschaftlich lukrativen Ballungsräume beliefert und den Wettbewerbern die unprofitabelen Bereiche in der Fläche überlässt, wäre weder für den gesamten E-Commerce noch den einzelnen Online-Händler gut. Viele Shopbetreiber, die den Amazon-Marketplace nutzen, können schon heute ein Lied davon singen, wie der US-Riese Marktmacht zu nutzen weiß. Und dieses Liedchen ist eher eine traurige Ballade als ein lustiger Karnevals-Gassenhauer.

Szenario II: Zersplitterung des Logistik-Marktes

Ebenso wenig wünschenswert wie die marktbeherrschende Stellung eines Anbieters ist eine denkbare zu starke Zersplitterung der Logistik-Landschaft. Nehmen wir die Beispiele Packstationen und Paketkästen. Wenn hier jeder Anbieter oder kleinere Anbietergruppen ihr eigenes Gefecht kämpfen, werden Ressourcen verschwendet und vor allem wird es bald zu unübersichtlich. Online-Shopper könnten dazu veranlasst werden, den Shop ihrer Wahl vom Logistiker abhängig zu machen, weil dieser Logistiker in Fußnähe eine Packstation oder am Mietshaus einen Paketkasten betreibt. Dies wiederum wäre für Online-Händler bitter, da sie mit einer Vielzahl von Logistikern kooperieren müssten, um alle Gebiete und Kunden optimal zu erreichen. Auch keine schöne Vorstellung für Kunden und Shopinhaber.

Fazit

Ein Gladiator, der die Arena klar beherrscht und alle Kontrahenten vorhersagbar niedermacht, ist einseitig. Totales Chaos auf dem Kampfplatz irritiert das Publikum. Beides ist schlecht für das Geschäft.

Ich wünsche mir daher für den E-Commerce ein breites aber übersichtliches Logistikangebot mehrerer vergleichbar starker Dienstleister. Davon profitieren Shopbetreiber und Kunden gleichermaßen. Dazu wird es dringend nötig sein, dass die großen in Deutschland tätigen Logistiker aus ihrem derzeitigen Nickerchen aufwachen und die Herausforderung von Amazon ernst nehmen.

Wie schätzt ihr die Lage ein? Glaubt ihr auch an eine große Logistikoffensive von Amazon?

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