Carola Heine

Notfall-Checklist: Was tun, wenn Lieferanten ausfallen?

Hast du einen besten Lieferanten? Oder einen, der viele für dich wichtige Komponenten liefert? Eine Firma, mit deren Hilfe du die Feiertagssaison bewältigst oder Service-Anbieter für den Spezialversand? Externe Partner und Dienstleister halten unser Business zusammen. Doch was machst du, wenn eine solche wichtige Verbindung dir unerwartet ausfällt?

Notfall-Checklist: Was tun, wenn Lieferanten ausfallen?

Wenn wir eins in den letzten drei Jahren gelernt haben, dann dies: Jederzeit kann vieles passieren, dass die gewohnten Abläufe unterbricht. Unsere Notfall-Checklist für den Ausfall von Partner-Unternehmen und Lieferanten soll dir helfen, auch in solchen Situationen schnell wieder einen Weg zu finden. Diese 7 Tipps gelten für den regionalen Fachhandel ebenso wie für jeden Online-Shop und hilft dir bei der grundsätzlichen Organisation: Vorbereitet ist immer besser als panisch.

  • Wie kann ich mich auf Unvorhersehbares vorbereiten?
    Du kannst dich nicht auf alles vorbereiten, aber du kannst die eigenen Abläufe sauber dokumentieren und damit Chancen und Risiken schneller besser kennen.

  • Sollte ich nicht einfach andere Dienstleister suchen, wenn einer ausfällt?
    Das ist häufig viel leichter gesagt als umgesetzt. Erst musst du eine Firma finden, dann muss sie ebenso gut funktionieren wie die bisherige– auch das erfordert Zeit und erzeugt Kosten.

  • Wenn ich meine Zulieferer vorher sorgfältig prüfe, gehe ich aber doch kein Risiko ein?
    In normalen Zeiten kannst du das Risiko minimieren. In Ausnahmesituationen funktioniert diese Vorgehensweise aber immer nur bis zu einer bestimmten Grenze.

Abhängigkeiten schon vorab erkennen und nach Möglichkeit umverteilen

Von nur einem Lieferanten oder Dienstleister abhängig zu sein kann sich nicht nur in Krisenzeiten existenzbedrohend auswirken. Abhängigkeiten entstehen oft ungeplant und du wächst ganz organisch hinein: Ob jemand wichtige Abläufe für deinen Shop oder dein Ladengeschäft übernimmt oder wesentliche Produkte und Teile anliefert, je enger und erfolgreicher ihr zusammenarbeitet, es läuft einfach gut und man wächst gemeinsam.

Wenn dann die zuarbeitende Firma dichtmachen muss, das Transportunternehmen nicht mehr liefert oder der Hersteller selbst einen Engpass hat, wirkt sich das unmittelbar auf deinen Shop aus. Du kannst die eigenen Kunden auch nicht mehr beliefern – das kann einerseits zu Liquiditätsengpässen führen, andererseits dazu, dass du Kunden verlierst, die nicht warten können oder wollen.

Du solltest in so einem Fall also nicht abwarten, was passiert, sondern unsere 7-Punkte-Notfall-Checklist nutzen.


1. Bestandsaufnahme als Grundlage für Planung

Am besten noch bevor etwas passiert, solltest du die Auswirkungen überprüfen, die es für deinen Shop hat, wenn ein Lieferant oder Dienstleister wegfällt. Welche Services, Produkte und Warenbestandteile, Verpackungsmaterialien und Entlastungen kommen von außen? Starte mit einer Liste und dann notiere dir jeweils die folgenden Punkte.

Wenn XYZ jetzt nicht mehr liefert/arbeitet/entlastet:

  • Kannst du dann überhaupt weiterarbeiten?

  • Wie lange läuft dein Shop reibungslos weiter?

  • Welche Probleme werden nach einer Woche auftreten?

  • Welche Schwierigkeiten hast du nach einem Monat?

  • Wie wirkt sich das konkret auf deine Kunden aus?

Außerdem solltest du prüfen, ob es durch deine Probleme zu Schadensersatzansprüchen deiner Kunden kommen kann und ob alles wieder zurück auf Normal geführt werden kann, wenn der Engpass behoben wurde.

Setz die rosarote Brille für diese Bestandsabnahme bitte ab. Du wirst am Ende deutlich sehen, wo du zukünftig auf mehrere Lieferanten oder Dienstleister setzen solltest, um dich nicht zu abhängig zu machen.

2. Wenn ein kurzfristiger Engpass eintritt

Wenn ein Dienstleister für die Logistik oder Kundenservice wegfällt, ist das in der Regel schwieriger aufzufangen als einen anderen Hersteller für ein Produkt zu suchen, obwohl das natürlich immer auf den Einzelfall ankommt.

Damit deine eigenen Abläufe reibungslos fortgesetzt werden können, solltest du für eine kurzfristige Lösung auf Alternativen setzen, ohne zunächst wochenlang Preise zu vergleichen.

  • Welche anderen Lieferanten oder Dienstleister kommen in Frage?

  • Wie kannst du mit diesen ein weiteres Standbein deines Shops aufbauen?

  • Welche Möglichkeiten hast du, Produkte durch andere zu ersetzen?

  • Wie viele Rücklagen brauchst du für einen Engpass von einem Monat? Hast du sie?

  • Wie viele für einen von drei Monaten oder länger?

Du solltest dir im Idealfall in jeder Saison und zu jedem Sortiment einige Alternativen frühzeitig notieren und gegebenenfalls die eine oder Geschäftsbeziehung bereits beginnen, um Abhängigkeiten umzuverteilen.

Es ist am Ende teurer, wenn du Verpflichtungen nicht erfüllen kannst – für eine kurzfristige Überbrückung ist es wichtig, dass diese Überbrückung der Lücke keine schwer zu kalkulierbaren Probleme, Risiken und Kosten aufwirft. 

Was der alternative Lieferant kostet, weißt du. Was alles an Zusatzkosten und Problemen auftaucht, wenn deine Abläufe gestört werden, deine Kunden ungeduldig sind und du deine Verpflichtungen nicht einhalten kannst, das ist wesentlich schwieriger zu kalkulieren und bringt daher neue, eigene Risiken mit sich.

3. Wenn der Ernstfall eingetreten ist

Wenn dir die bestellten Waren nicht mehr geliefert werden kann, solltest du ohne zu zögern das Gespräch mit deinen Lieferanten suchen. Nicht mit den operativ tätigen Mitarbeitern, sondern mit dem Management: Am besten suchst du dir den Menschen als Ansprechpartner, mit dem du deinen Vertrag abgeschlossen hast. (Ist der Grund für die ausbleibende Lieferung eine Insolvenz, dann ist der Insolvenzverwalter der erste Ansprechpartner.)

Du brauchst jetzt Antworten, die dir eine tragfähige Planung ermöglichen:

  • Welchen Grund gibt es für die ausbleibende Lieferung?

  • Ist abzusehen, wie lange die Unterbrechung dauern wird?

  • Ist das gesamte Sortiment betroffen oder nur bestimmte Produkte?

  • Betrifft das Problem alle oder nur einzelne wie deinen Shop?

Lass dich nicht abwimmeln oder vertrösten, denn du brauchst jetzt diese Informationen, soweit sie verfügbar sind. Sonst kannst du nicht planen. Besonders wichtig sind der Grund für die Störung und die voraussichtliche Dauer.

Vielleicht gibt es auch etwas, das du mit deinem Shop tun kannst: Größere Mengen auf einmal abnehmen, selbst für den Transport sorgen, auf bestimmtes Verpackungsmaterial verzichten und viele andere Details mehr können Grund für einen Engpass sein, sind aber auflösbar. 

Erkunde also auch, ob du Hilfe anbieten kannst. Es wird dem Informationsfluss nicht schaden.

4. Wenn ein längerfristiger Ausfall droht

Wenn sich abzeichnet, dass ein Lieferant dir ganz wegbrechen wird oder zumindest für eine lange Zeit, dann solltest du dich ohne Verzögerung auf die Suche nach Ersatz machen. Für die meisten Waren und Dienstleistungen finden sich Partner, sobald du genau festgelegt hast, was du suchst.

Je nach Produktsortiment willst du eventuell noch einen Schritt weiter gehen und selbst Leistungen übernehmen oder Produkte/Produktbestandteile anfertigen, um zukünftig unabhängig zu sein. Das erweitert deine Möglichkeiten und dein Geschäftsmodell, du brauchst aber wahrscheinlich zusätzliche Ausstattung und ein größeres Team.

Damit fällt dann ein Problem weg, das du sonst mit jedem neuen Partner haben wirst: Die Einschätzung der Qualität und Zuverlässigkeit von Geschäftsbeziehungen wird heute durch externe Faktoren erschwert. Auch eine wirtschaftlich solide Firma kann von einem Krieg beeinträchtigt werden, was vorher nicht absehbar war. 

Wenn möglich, stell dich also breiter auf als bisher: Wähle mehrere Partner oder sorge für Möglichkeiten, dein Lager auszubauen, um längere Durststrecken ohne Lieferungen überstehen zu können.

5. Auswirkungen auf deinen Shop minimieren

Wenn Aufträge nicht erfüllt werden können, wird eines der ersten Ziele sein, Störungen im Ablauf und Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Vielleicht musst du auch für einige Mitarbeiter vorübergehend Kurzarbeit anmelden.

Sobald du das Problem feststellst, solltest du dich um folgende Punkte kümmern:

  • Mit deinem Lieferanten sprechen und die wichtigsten Informationen einholen.

  • Deine Kunden über die zu erwartende Verzögerung informieren.

  • Überlegen, was jetzt alles nicht stattfinden muss: Versand, Verpackung?

  • Pausiere oder kündige alle nicht benötigten Dienstleistungen rechtzeitig.

  • Gibt es Rohmaterialien oder Versandmaterial, das sicher gelagert werden muss?

Die entstehenden Kosten sollten so niedrig wie möglich gehalten werden, dazu gehört auch, dass nichts verdirbt und niemand untätig beauftragt wird. 

Die Kunden zu informieren ist herausfordernd, aber wichtig. Ganz besonders, wenn diese eigene Lieferketten zu bedenken haben. 

6. Auch an Schadensersatz denken

Willst und kannst du Schadensersatz von einem Zulieferer einfordern, oder kommen Ansprüche auf dich zu? Beides erfordert eine vollständige und sorgfältige Dokumentation, die du am besten von Anfang an vorbereitest bzw. parallel betreibst.

  • Wenn du Schadensersatz einfordern willst, teile dies dem Zulieferer oder Dienstleister stets ohne Verzögerung mit – halte dabei die vertraglichen Regelungen, Fristen und Ansprüche ein.

  • Wenn von dir Schadensersatz gefordert werden kann, informiere deinen eigenen Kunden ebenfalls immer sofort und dokumentiere alle Aktivitäten zur Kostenminimierung/die Kosten.

Auch wenn du dich später entscheidest, von niemandem Schadensersatz einzufordern oder deine Kunden es bei dir nicht versuchen, ist diese vollständige Dokumentation sehr nützlich. Du kannst diese Kosten gegenüber Partnern, Finanzinstituten und Banken damit nachweisen, um zu demonstrieren, welcher Aufwand dir entstanden ist durch die Krise.

7. Zurück zur Routine in 3 Schritten

Kann dein Lieferant wieder liefern wie gewohnt oder ist der Dienstleister wieder wie gewünscht verfügbar, müssen alle Beteiligten wieder zurück zum Normalbetrieb geführt werden, und hier ist Kommunikation der Schlüssel für eine reibungslose Abwicklung: 

  • Die Mitarbeiter müssen rechtzeitig erfahren, wann die Kurzarbeit endet

  • Externe Dienstleister, wann sie nicht mehr oder wieder benötigt werden

  • Die Kunden sollten informiert werden, dass sie wieder beliefert werden können

Es geht aber nicht nur um das Beenden einer Überbrückungssituation und der damit einhergehenden Notlösungen. Parallel solltest du klären, wo Schäden entstanden sind, Klärungsbedarf besteht oder nachgeliefert bzw. nachgearbeitet werden muss: Dafür sind wieder andernorts Kapazitäten zu reservieren.

Wichtig ist auch, nicht zu knapp zu planen. Auch die Zulieferfirmen waren unter Druck, ebenso wie alle beteiligten Mitarbeiter. Alle brauchen jetzt eine gewisse Zeit, um wieder einen zuverlässig durchlaufenden Rhythmus zu finden. Du tust dir und allen anderen einen Beteiligten, wenn dein Zeitplan das Ruckeln und die zwischenmenschlichen Faktoren mit berücksichtigt. 

Mancher Engpass verändert alles für immer

So mancher Laden hat in einer Krise oder durch einen Lieferengpass bereits eine Evolution durchlaufen. Manchmal kann Fremdfertigung durch Eigenfertigung ersetzt werden oder Prozesse können so angepasst werden, dass ganze Leistungsschritte entfallen können.

Neue Partner wiederum bringen neue Möglichkeiten mit sich und viele Dinge können digital aufgefangen werden, die „neulich“ noch manuell erledigt werden mussten. Lieferungen selbst auszuführen oder Konstruktionen zu verschlanken, auf nachhaltige Prozesse zu setzen oder mit regionalen Anbietern zu arbeiten kann alles verändern.

Es lohnt sich also, auch ohne wegbrechende Lieferanten und Dienstleister ab und zu einen Blick auf die eigenen Abläufe zu werfen und zu schauen, wo du regionaler, lokaler, nachhaltiger und unabhängiger werden kannst. Denn auch das ist Wachstum. Viel Erfolg!

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Was tue ich, wenn mein Lieferant insolvent wird?

Du suchst ohne zeitliche Verzögerung erst kurzfristige, dann langfristig tragfähige Alternativen. Diese gibt es immer.

Wie bereite ich mich auf Krisen vor?

Du machst eine Bestandsaufnahme deiner Abläufe und Möglichkeiten und planst in der Theorie deinen „Worst Case“ durch.

Wer hat Anspruch auf Schadensersatz bei Lieferschwierigkeiten?

Wer Schadensersatzforderungen stellen kann, das kommt auf die AGB des Shops und den Vertrag mit dem Lieferanten an. Wichtig ist grundsätzlich eine sorgfältige Dokumentation.

Als Shop-Betreiber hast du alle Hände voll zu tun mit den vielen täglichen Aufgaben rund um deinen Online-Shop oder dein Ladengeschäft. Jetzt auch noch Krisenplanung, SEO und Marketing für deine Produkte – denn ohne geht es nicht.

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