Udo Kraft
Wenn die Konsumwirtschaft ein Geschlecht hätte, wäre sie weiblich. Hätte die Business-Welt ein Geschlecht, wäre sie männlich. Und da liegt der Hund schon begraben
Da sitze ich nun vor meinem Macbook. Ich bin eine Frau. Und ich kaufe gerne online. Meine etwas trotzige Überschrift soll nur die Reaktion auf meine ersten Recherchen zu diesem Thema aufzeigen: Trotz etlicher Statistiken wird die Zielgruppe „Frau“ für Shop-Betreiber in ihren Bedürfnissen offensichtlich kaum berücksichtigt.
Wie denn auch? Hauptsächlich Männer gestalten die Webwelt. Die Zahlen zeigen, dass in Media-Agenturen 80,5% Männer und nur 19,5% Frauen arbeiten. Ist ja schade, denn wir Damen ticken doch so anders als der Mann.
Grafik: Triplesense Reply GmbH (Danke für die freundliche Genehmigung aller folgenden Grafiken!)
Wir wissen über die unterschiedliche Gehirnstruktur, wir wissen inzwischen auch, dass Frauen anders sehen und sich anders orientieren. Wir Frauen tasten angeblich besser. Wir riechen besser. All das führt dazu, dass wir in Online-Shops detaillierter mit Informationen versorgt werden möchten.
Anders als Männer betrachten wir das Bummeln durch die virtuelle Ladenzeile auch gerne als Hobby, wobei es nicht darum geht, was wir kaufen wollen, sondern wo wir einkaufen gehen. Wir lassen uns gerne inspirieren oder lassen uns Produkte und Shops empfehlen. Am liebsten von anderen Frauen.
All diese Unterschiede zu Männern machen sich natürlich auch beim Internet-Kauf bemerkbar. So kaufen, recherchieren und nutzen Männer und Frauen online unterschiedliche Produkte wie eine Erhebung der AGOF zeigt:
Grafik: Triplesense Reply GmbH
Während bei Frauen Haushaltsgeräte, Lebensmittel, Kosmetik und Mode vorne liegen, interessieren sich Männer online hauptsächlich für Autos, Computer und Unterhaltungselektronik.
Machen wir aber auch noch einen kurzen Exkurs auf den Kladdentext von Why She Buys: The New Strategy for Reaching the World's Most Powerful Consumers von Bridget Brennan:
„... Frauen sind der Motor der Weltwirtschaft, sie machen 80% der Verbraucherausgaben allein in den Vereinigten Staaten aus. Sie halten den Geldbeutel fest im Griff – und Unternehmen müssen schlauer sein, als je zuvor, um diese Kundinnen für sich zu gewinnen. ...„
Das Geschlecht ist also offenbar ein mächtiger Faktor dafür, wie ein Mensch auf die Welt blickt. Es ist stärker als das Alter, unser Einkommen oder unsere Gattung.
Zwar gibt es haufenweise Forschungen die jedes Jahr veröffentlicht werden, in denen Verbraucher analysiert werden warum und wie sie kaufen, doch der wichtigste Faktor wird unterschlagen: Das Geschlecht der Käufer.
Es ist erstaunlich, wie viele Firmen die Psychologie der Geschlechter übersehen, wo wir doch alle wissen, dass Männer und Frauen die Welt so anders sehen.
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Ein schönes Zitat von Jochen Krisch ergänzt die vorangegangenen Worte:
“Frauen bleiben der größte Trend im E-Commerce, von denen keiner spricht.”
Das muss sich ändern. Jetzt klingt das schon so wie bei der Frauenbewegung. Dabei meine ich das gar nicht so. Im Ernst, 85% aller Verbrauchereinkäufe in Deutschland werden von Frauen getätigt, aber fast alle sagen unisono, dass die sich von den Werbetreibenden nicht verstanden fühlen.
Ich fasse mal einige durchaus überraschende Statistiken (aus den USA) zusammen:
Ertragskraft
Kaufkraft
Frauen und Autos
Die Macht der Mamas
Weibliches Online-Verhalten
Werte Herren, welche Argumente braucht Ihr noch, die Frauen in Eurer Zielgruppe einzubinden? Wie würde also Dein Online-Shop aussehen, wenn Du Deine Entscheidung mit einer Frau im Kopf getroffen hättest?
Hier eine Grafik von Silke Berz & Astrid Wunsch der Triplesense Reply GmbH aus Frankfurt, die die unterschiedlichen Produktpräferenzen bei Männern und Frauen darstellt:
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Grafik: Triplesense Reply GmbH
Wie du unschwer erkennen kannst: Uns weiblichen Usern ist die Farbe wichtiger als Form. Uns reichen statische Bilder. Wir stehen auf persönliche und wortreiche Sprache und orientieren uns an Beweisen in Form von Stories, Kommentaren, Bewertungen.
Dann gibt es da noch die geschlechterspezifische Informationsstruktur:
Grafik: Triplesense Reply GmbH
Du solltest als Shopbetreiber also auch bei der Designstruktur auf das unterschiedliche Kaufverhalten der Geschlechter eingehen. Lange Webseiten unterstützen den weiblichen „Stöberprozess“ beim shoppen, Männer hingegen brauchen kurze Seiten – sie unterstützen den männlichen Linearprozess.
Und wer nicht nur bei der Konzeption an Frauen denkt, sondern auch welche beschäftigt, hat übrigens statistisch gesehen bessere Erfolgschancen für sein Business, das ist inzwischen klar bewiesen.
Ich wünsche euch männlichen Shop-Betreibern viel Erfolg bei der Anpassung für die Kundinnen - denn den werdet ihr haben, wenn ihr besser auf uns eingeht. Und liebe Frauen, bitte denkt auch ihr daran, dass Männer anders einkaufen.