1. Big Data
Kaum ein Schlagwort fasziniert Marketer und Vertriebler gleichermaßen wie die großen Datenmengen, auf die man heutzutage zugreifen kann: Big Data scheint bisweilen wie das Heilmittel für alles. Dabei müssen große Datenmengen nicht zwangsläufig bessere Daten mit sich bringen – viel zu oft wird angesichts der Faszination der schieren Menge die Qualität der Daten und vor allem auch die Qualität ihrer Interpretation vernachlässigt. Dabei verwischt auch der originäre Big-Data-Begriff immer mehr, denn wie das bei Hypes so ist: Weil der Begriff so beliebt ist und so viel Erfolg verspricht, wird er inzwischen auf alles angewendet, was irgendwie mit der Verarbeitung von Daten zu tun hat. Egal wie groß, egal wie komplex – Hauptsache, man kann sich mit dem Buzzword schmücken.
Und ganz abgesehen davon muss man auch kein ausgewiesener Datenschutzexperte sein, um sich bewusst zu werden, dass der immer weiter um sich greifende Ruf nach immer mehr Daten zwangsläufig einen immer stärkeren Eingriff in die Privatsphäre mit sich bringt.
Wie wäre es, wenn wir aus weniger Daten wieder mehr machen? Sozusagen „Quality Data“ als Gegenentwurf. Wäre mal einen Versuch wert.
2. Gender Marketing
Im Marketing hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass Frauen (meist) anders ticken als Männer. Das ist grundsätzlich erfreulich – wären da nicht zwei Probleme. Das erste: Marketer neigen zu Übergeneralisierung. Frauen mögen pink? Und sind kleiner als Männer? Also: Pink it and shrink it! Man mag kaum glauben, wie oft sich diese einfache Klischeeformel noch in den Köpfen und Plänen der Marketingabteilungen findet. Womit wir schon beim zweiten Problem wären: Denn in diesen Abteilungen sitzen auch heute noch größtenteils Männer. Was dabei herauskommt, wenn Männer versuchen, Frauen zu verstehen und das dann auch noch auf alle Frauen zu übertragen, kann man sich vorstellen – mag man aber lieber nicht…
Gender Marketing wird deshalb viel zu oft als Buzzword für Versuche missbraucht, die bislang im E-Commerce sträflich vernachlässigten Frauen besser zu erreichen. Das endet häufig in klischeebehafteten, meist gänzlich überholten, manchmal auch überzogen modernen Frauenbildern, denen vor allem gemeinsam ist, dass sie alle Frauen – und damit parallel auch gleich alle Männer – über einen Kamm scheren. Das ist schade, denn richtig verstandenes Gender Marketing kann durchaus erfolgreich sein. Wie das geht? Vielleicht mal ein paar Frauen fragen. Und bitte, bitte: Nicht alles in Pink hüllen. Ich zum Beispiel mag lieber Schwarz. Und Schuhe kaufe ich auch nicht gerne…
3. Native Advertising
Werbung machen, ohne dass man sie als solche erkennt? Das neue Lieblingsformat der Werber heißt „Native Advertising“ und meint die Tarnung von bezahlten Werbeinhalten als redaktioneller Content. Denn auch wenn Werber gerne anderes behaupten - seien wir doch mal ehrlich: Native Advertising ist von Natur aus auf Täuschung angelegt. Sie soll aussehen und wirken wie echte, authentische Inhalte. Ja, sie wird als Werbung markiert (muss ja) – aber das passiert meist so klein und so kryptisch wie möglich – eben nicht als „Werbung“, sondern meist als „Sponsored Post“, „Advertorial“ oder mit irgendeinem anderen Begriff, den nur die Hälfte der Leser versteht.
Mit guten Inhalten punkten zu wollen, ist durchaus sinnvoll, keine Frage. Aber warum durch die Hintertür? Inhalte sind dann gut, wenn sie aus sich heraus überzeugen. Dann ist es egal, ob sie klar markiert als Werbung daherkommen oder zum Beispiel Teil einer durchdachten Content Strategie sind. Wer auf Native Advertising zurückgreifen muss, sagt eigentlich damit nur, dass er schummeln muss, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Schade.
4. Retargeting / Remarketing
Vor ein paar Wochen habe ich im Netz eine neue Digitalkamera gekauft. Und was bekomme ich seitdem ständig und überall angezeigt? Dreimal dürft Ihr raten – natürlich Digitalkameras. Ich bin sicher, jeder von Euch kennt diesen Effekt – und jeder findet ihn dämlich. Denn auch wenn ich einen der besuchten Shops ohne Kaufabschluss verlassen habe – ich habe inzwischen längst eine Digitalkamera. Ich brauche keine mehr.
Der hier beschriebene Effekt ist auf klassisches Retargeting zurückzuführen. Und er nervt nicht nur, er ist auch datenschutztechnisch bedenklich. Denn er wird nur dadurch möglich, dass Daten über die von mir besuchten Shops an Werbenetzwerke weitergegeben werden. Wo diese Daten auf dem Weg dorthin überall Station machen, weiß meist keiner so genau…
5. Viral Marketing
Everything goes viral: Kaum hat ein Tweet, ein Facebook-Post oder ein YouTube-Video eine halbwegs respektable Anzahl an Retweets, Likes oder anderen Sympathiebekundungen erfahren, sind Marketer schnell dabei, der Aktion „viralen“ Erfolg zu bescheinigen. Damit eine Marketing-Maßnahme aber wirklich als erfolgreiches virales Marketing bezeichnet werden kann, muss noch deutlich mehr hinzukommen.
Virales Marketing mag eine spannende Spielwiese, eine große Chance und auch ein hehres Ziel vieler Marketing-Aktivitäten sein - eines ist es nicht: planbar. Ob ein Video, Foto oder auch Spiel echte virale Aufmerksamkeit erlangt, lässt sich nicht vorhersehen. Und so kann es durchaus sein, dass das teuer produzierte Video trotz umfangreicher Seeding-Maßnahmen ein Rohrkrepierer bleibt – während die Konkurrenz mit einem geschickt platzierten Bild zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und eine wahre Welle damit ausgelöst hat. Neben dem richtigen Gespür für die Themen, die bewegen, gehört zu erfolgreichem viralem Marketing deshalb vor allem Glück. Strategisches Marketing sieht anders aus. Und nur weil alle Praktikanten das aktuelle Unternehmensvideo in ihren Facebook-Accounts geteilt haben, ist das noch lange kein viraler Erfolg…
Wie seht ihr das? Gehen die genannten Begriffe euch genauso auf den Senkel wie mir? Oder habt ihr andere Buzzwords, auf die ihr locker verzichten könntet? Ich freue mich auf Eure Anmerkungen und Ergänzungen in den Kommentaren.