Dr. Katja Flinzner

Click Collect: The worst of both worlds?

In Zeiten, in denen der Unterschied zwischen on- und offline immer mehr verschwimmt, ist eine Multi-Channel-Strategie, die alle Welten miteinander verbindet, einer der zentralen Erfolgsfaktoren. Doch von der rosaroten Theorie, in der die verschiedenen Kanäle reibungslos und verlustfrei miteinander

Click  Collect: The worst of both worlds?

So richtig wollte mir persönlich der Vorteil von Click & Collect noch nie einleuchten. Warum soll ich extra noch in den Laden gehen, um ein bestelltes Produkt abzuholen, wenn ich es mir auch nach Hause liefern lassen kann? Aber das können andere ja durchaus anders sehen und tun es offenbar auch, sonst wäre das Konzept wohl schon lange Geschichte. Und wer den ganzen Tag nicht zu Hause ist, sich auch an den Arbeitsplatz nichts liefern lassen kann und weder kooperationswillige Nachbarn noch Geld und Platz für eine Paketbox hat, für den ist vielleicht der Laden manchmal der sinnvollere Abholort als die Postfiliale. Vor allem, wenn eine Abholung vor Ort noch andere Vorteile mit sich bringt, wie etwa den Wegfall der Versandkosten oder die Möglichkeit, Kleidung oder Schuhe direkt vor Ort anzuprobieren und bei Nichtgefallen oder Nichtpassen wieder zurückzugeben oder umzutauschen.

Argumente dafür, dass Click-&-Collect-Konzepte durchaus Sinn ergeben können, lassen sich also schon ein paar finden – in der Theorie. In der Praxis höre ich dagegen immer wieder andere Geschichten, wie zum Beispiel diese hier:

Die 16-jährige Tochter einer Freundin hat einen Gutschein von einer großen Modekette geschenkt bekommen. Sie sucht online nach dem Hoodie, den sie sich schon lange gewünscht hat, findet ihn, bestellt ihn und wählt, weil der Gutschein-Betrag für den Kauf nicht ganz ausreicht und ihr die übrigen Zahlungsmittel zu kompliziert sind, die Abholung und Bezahlung im Laden. Klingt alles ganz einfach.

Einmal und nie wieder

Erstmal dauert es allerdings über eine Woche, bis die Nachricht kommt, dass der bestellte Hoodie im Ladengeschäft für sie abholbereit ist. Als sie zusammen mit ihrer Mutter dann mit Bestellbestätigung und Gutschein im Ladengeschäft steht, wird es aber erst so richtig kompliziert. Denn zunächst weiß niemand etwas von ihrer Bestellung – und als der Hoodie nach langem Suchen dann tatsächlich doch noch auftaucht, sieht die Mitarbeiterin an der Kasse sich nicht in der Lage, den Gutschein zur Zahlung anzunehmen. Das Argument: Der gelte doch nur online.

Das Chaos hat System

Ein schlechter Tag? Besonderes Pech? Ausnahme? Von wegen. Beginnt man sich zu Click & Collect oder ähnlichen Konzepten umzuhören, bekommt man immer wieder dieselben Stories erzählt. Im Keller versteckte, nirgends ausgeschilderte und extrem unansehnliche Abholschalter – wenn es denn überhaupt welche gibt –, uninformierte Mitarbeiter, die zum Teil noch nicht einmal wissen, dass ihr Unternehmen überhaupt die Möglichkeit bietet, online zu bestellen und im Laden abzuholen, deutlich längere Lieferzeiten als bei klassischer Lieferung nach Hause – der Click-&-Collect-Alltag in Deutschland lässt schwer zu wünschen übrig.

Infografik: Click & Collect hat noch Luft nach oben | Statista

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Aber ist das denn tatsächlich so schwierig? Ich behaupte: Nein. Man muss es nur wollen. Kanalübergreifende Verkaufsprozesse wie Click & Collect oder auch Click & Reserve haben im Unternehmen keine Chance, wenn die verschiedenen Kanäle sich untereinander nicht grün sind und sich im Zweifel sogar gegenseitig als Konkurrenz wahrnehmen. Wer Cross-Channel-Commerce zu einer funktionierenden Realität machen möchte, braucht unternehmensweit aufgestellte Konzepte, die aus Kundensicht gedacht sind – nicht aus Abteilungssicht.

Dafür braucht es Entscheider, die begriffen haben, dass Kunden zwischen den Kanälen gar nicht mehr unterscheiden wollen, sondern einfach nur den schnellsten, bequemsten und günstigsten Weg zu ihrer Ware suchen. Es braucht durchdachte und gerne auch kreative Konzepte für kundenfreundliche Abläufe und tatsächlichen Nutzen. Wer einem Click-&-Collect-Kunden einen Stolperstein nach dem anderen in den Weg legt, anstatt ihm den Einkauf zu erleichtern und durch Zusatznutzen schmackhaft zu machen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er ihn nie wieder sieht. Er braucht sich dann auch nicht zu wundern, dass die so hochgelobte Click-&-Collect-Strategie nur Kosten verursacht, ohne die Umsätze zu erhöhen.

The worst of both worlds

Wenn ich mich nämlich online entscheiden und das Produkt bereits bezahlen muss, ohne es näher in Augenschein nehmen zu können, und dann aber trotzdem noch selber in Bus oder Auto steigen, mich durch den Feierabendverkehr quälen, durch stickige Ladengeschäfte durchfragen und meine Bestellung selber nach Hause tragen muss, dann ist das eine ganz schlechte Kombination. The worst of both worlds – kann nur schiefgehen.


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